Motorsägenkurs

Freitag 13 Uhr, ich bin auf dem Weg Ally und dann Karin abzuholen. Und dann geht es ab zum Treffpunkt nach Schallstadt zur Waldhütte.
Vor Ort stehen schon Benedikt Pum von der Mobilen Motorsägenschule und ein paar Mädels. Wir sind also richtig - ja, der Ort stimmt! Aber sind wir vom Thema hier wirklich richtig? Na, ja mal abwarten, was so passiert.

Ein großes Hallo, obwohl wir uns alle noch nie gesehen haben - hey, das gefällt mir!
Ab zum Händewaschen - Corona-Regeln einhalten, bevor es dann zur kurzen Vorstellungsrunde kommt. Interessant, warum die Mädels so hier sind: weil der Opa Waldbesitzer ist - weil der Mann das Brennholz selber macht - Ally, will mit Steffen mit - Karin ist dabei, weil auch sie ein bisschen Ahnung davon haben möchte - und ich? Tja, meine Intension ist, ich möchte wissen, was ich da verkaufe und ob das was taugt (Männeransprüche sind hoch - meine auch) und ich will eine Motorsäge bedienen können und endlich meinen ersten Baum fällen!!
Bevor wir die Sägen zu Gesicht bekommen, gibt es Theorie: Sicherheitsabstand (doppelte Baumhöhe im Durchmesser), niemals alleine arbeiten, PSA (auch ich lerne dazu, obwohl mir vieles bekannt ist), kurze Pause und ich stelle mit Begeisterung fest, die Gruppe ist total harmonisch. Das Wetter zieht zu und so ziehen wir von draußen in die Waldhütte - alle packen mit an, ohne lang zu fragen - Mädels eben!
Dann endlich MOTORSÄGEN im Überfluss - mit welcher werde ich morgen wohl meinen Baum fällen. Stihl und Husqvarna - die Lieblinge der Männer - Nein, die Lieblinge von Amelie und Julia unseren Ausbilderinnen.
Gekonnt zerlegt Amelie eine Stihl 661 und erklärt deren Innenleben - hmm....klingt nach Mopedmotor, die Pflege dürfte kein Problem werden.
Amelie fragt nach den Sicherheitseinrichtungen einer Motorsäge - 10 bzw. 11 sollen es sein: Kettenbremse, Kettenfangbolzen, hinterer Handschutz, Auspuffabschirmung, Gashebelsperre, Antivibrationsschutz....Hilfe, mir schwirrt der Kopf!
Problemlos, fast liebevoll, setzt Amelie die Motorsäge wieder zusammen und erklärt die Unterschiede von Hobby-, Semieprofi- und Profisägen - anhand der Gewichte wären wir da wohl auch drauf gekommen. Was bitte fängt man mit einer 9 kg schweren Motorsäge an??
Nochmals kurze Pause - die Raucher qualmen, mir raucht der Kopf. Das kann ja morgen heiter werden.
Der Regen ist vorbei und so können wir im Freien weitermachen. Julia steigt in ihre Schnittschutzschuhe, legt Handschuhe und Helm an und wartet auf das Kommando von Amelie. Vor ihr liegt, über einen Baumstumpf gezogen, eine ältere Schnittschutzhose. Nach einem kurzen Nicken, schmeißt Julia die Motorsäge an und sägt in die Hose - blitzschnell wickeln sich Fäden um die Kettensäge, die augenblicklich stoppt. Das Material hält, was es verspricht! Diese Vorstellung war eindrucksvoll und Benedikt Pum ist um eine Überraschung reicher (wer sonst soll die Fäden aus der Kette ziehen *fg). Immer mehr wird mir bewusst, dass anständiges Material Beine und Leben retten kann - hier sollte man wirklich nicht am falschen Fleck sparen.
So eine Kettensäge braucht hin und wieder einen Schliff (Mädels, das ist genau unsere Rede) - Amelie hat das Motorsägenblatt inkl. Kette in einen Schraubstock eingespannt und erklärt uns, wie man diese wieder schleift und worauf man unbedingt achten sollte. Wer möchte, darf dies natürlich selbst noch ausprobieren - natürlich will ich und stelle grinsend fest, dass dies so schwer nicht ist.
Das war’s auch schon für den ersten Tag, auf nach Hause, da wartet eine Motorsäge, die morgen gerne mit mir mit möchte. Leider muss ich in der Garage feststellen, dass die Motorsäge weder gereinigt noch die Kette geschliffen ist - schade, ich hatte mich auf die Stihl 241 gefreut.
Dann der große Tag: Samstagmorgen 6 Uhr - aufstehen, wach werden, anziehen und PSA richten. Knut hat mir seinen Protos zur Verfügung gestellt - ist der nicht lieb!
Um 8 Uhr Ally abgeholt, danach Karin - Treffpunkt um 9 Uhr in Hartheim am Sportplatz, von dort geht es dann weiter in den Wald. Ich bin total nervös und voller Adrenalin - Amelies Worte waren „entweder Du hasst es oder Du kommst nicht mehr davon los“ - bin gespannt, mit welchem Gefühl ich heute Abend nach Hause gehe.
Zunächst arbeiten wir in der großen Gruppe. Amelie fällt vor unseren Augen einen Baum - Augen wie ein Kleinkind an Weihnachten - dieses Grinsen wird mir so schnell nicht aus dem Kopf gehen. Nun erklärt sie uns den Umgang mit der Motorsäge und schon geht es los: ich darf meine ersten Baumscheiben schneiden - von oben nach unten; dieser Geruch, dieses Gefühl, wenn die Kette in das Holz eindringt, die Kette sich in das Holz bis zur Kralle reinzieht und dann die Scheibe liegt. Gleich noch eine - aber dieses Mal von unten nach oben - wow, die Säge drückt sich in meinen Oberschenkel und ich genieße dieses Gefühl Metall durch Holz. Ich darf noch einmal: die erste

Hälfte von oben, dann von unten - treffe ich meinen oberen Schnitt? Ja, ich habe ihn getroffen! Klasse, was ich so alles kann.
Alle in der Gruppe sind nacheinander unter Amelies Anleitung dran und jede, aber wirklich jede hat ihr persönliches Grinsen drauf!

Dann geht es dran, Blöcke aus dem Stamm auszuschneiden, damit wir die Sägenführung lernen. Warum muss ich auch gleich als erste „hier“ schreien? Obwohl Amelie mir lobend auf die Schulter klopft, habe ich das Gefühl, eine Ewigkeit für diesen Block zu brauchen.
11.20 Uhr - Amelie nutzt noch die Zeit und zeigt uns Schritt für Schritt, wie wir am Nachmittag dann an die Baumfällung gehen: Wie soll der Baum fallen? Gibt es in der Umgebung etwas zu beachten? Wie steht die Krone? Ist am Stamm alles ok?

Rückweiche frei schneiden und los.
Nachdem klar ist, in welche Richtung der Baum fallen soll, setzt Amelie die Wangenschnitte. Jetzt kommt die Baumansprache und es wird nochmals überprüft, ob die gewählte Fallrichtung stimmt. Dann setzt Amelie den ersten Schnitt für die Fallkerbsohle, überprüft nochmals den Fallwinkel - während die Motorsäge im Stamm steckt - steckt rechts und links zwei Stöckchen und richtet daran das Fallkerbdach aus. Mit einem Zollstock, den sie auf der Fallkerbsohle anlegt überprüft sie die Fallrichtung, wobei sie selbst über dem Zollstock am Baum angelehnt steht. Danach zeichnet sie die Bruchleiste an (1/10 des Baumumfangs - puh, rechnen muss ich auch noch) und erklärt Fallkerbtiefe, Bruchleiste. Dann ein „Achtung“-Ruf von Amelie -die Umgebung wird, zwei Baumlängen eingerechnet, von Julia gesichert - Amelie setzt einen weiteren Schnitt, in den sie den Fällheber steckt. Sie schaut sich um, die Rückweiche ist frei - ein weiterer „Achtung“-Ruf, wir Mädels stehen sicher und Amelie fällt gekonnt mit dem letzten Schnitt den Baum.
Schon war er rum, der Vormittag - ich hatte meinen erster Kontakt mit einer Motorsäge, glücklich und zufrieden trage ich meine Baumscheibe und meinen Block (Ausstellungsstücke, was sonst) zum Rastplatz.
Hier wartet schon Matthias, der in den nächsten zwei Stunden Fotos von uns machen wird.
Was für ein Geschnatter beim Mittagessen - die Nervosität ist förmlich zu greifen! Bin ich froh, dass es allen so geht.
Dann gibt es kein Zurück mehr - aufgeteilt in zwei Gruppen, steht die erste Fällung an. Vier Mädels folgen spannungsgeladen Julia, die in den nächsten Stunden uns fachmännisch anleiten soll.
Bäume gibt es genug, aber welcher fällt mir zum Opfer? Julia hat endlich einen gefunden und ich mache mich ans Werk.
Rückweiche freischneiden - Baum anschauen: was ist die beste Fallrichtung? Danach Baum von Waldrebe befreien und Wangenschnitt gesetzt. Wie sehr ich unter Adrenalin stehe, bemerken wohl meine Mitstreiter, mir rinnt der Schweiß und ich hoffe, dass ich alles richtig mache.
Sohlenschnitt setzen, Stöckchen rein und Sohlendach schneiden - puh...geschafft. Julia hat keinen Zollstock dabei, also nehme ich kurzerhand von der abgeschnittenen Waldrebe (liegt ja genug Hilfsmaterial rum) und setzte diese an. Stimmt die Fallrichtung? Nein, nicht ganz - ich muss nacharbeiten. Bruchleiste anzeichnen (war doch einfach als gedacht mit der Berechnung), zeichne auf dem Sägeblatt an, wie tief mein Falkerbschnitt sein darf - schreie laut ein „Achtung“ und setzte den Schnitt. Ich bin total nass geschwitzt - gefühlt sind Stunden vorbei! Julia drückt den Fällheber in den Schnitt und erklärt mir nochmals, wie ich den nächsten Schnitt setzten muss. Noch dieser eine Schnitt! Fliegt er richtig, habe ich alles bedacht - ich schaue mich nochmals nach der Rückweiche um, schreie „Achtung“, starte die Kettensäge und setzte zum letzten Schnitt an. Ich bin fast durch, da bewegt sich der Baum auch schon - voller Kraft stürzt er in die Richtung, die ich gewählt habe. Mit einem Rums schlägt er auf dem Boden auf - ich zittre vor Aufregung, das Adrenalin schießt durch meinen Körper und mir laufen die Tränen vor Glück! Mein erster gefällt Baum - welch ein erhabenes Gefühl!
....oder es lässt Dich nicht mehr los! Ich bin dabei!
Vielen Dank an die Mobile Motorsägenschule Benedikt Pum, vielen Dank an Amelie und Julia - ihr habt uns ein unvergessliches Erlebnis beschert - euch empfehlen wir gerne weiter: versprochen!